RUNDFUNKRAT DECKT FEHLVERHALTEN UND JOURNALISTISCHE MANIPULATION BEIM WDR
In seiner Sitzung am 23. April 2015 hat der Rundfunkrat des WDR die Programmbeschwerde des schottischen Rechtsanwaltes Frank Cannon in allen Punkten zurückgewiesen. Dabei, so wurde berichtet, stützte sich der Rundfunkrat überwiegend auf eine entsprechende Empfehlung des WDR Programmbeirats aus dem Februar 2014, in dem die Beschwerde zuvor Gegenstand von Erörterungen u.a. mit dem WDR Justiziariat war. In meinen Augen war es ausgerechnet die höchst unsensible Vorgehensweise dieser WDR Abteilung, gemeinsam mit dem Sendungsverantwortlichen Redakteur, welche letztendlich überhaupt erst zur Eskalation dieser Sache geführt hat. Gab oder gibt es hier also eine handfeste Interessenkollision? Wie kann der Rundfunkrat der größten öffentlich-rechtlichen Anstalt auf einer solchen Basis wirklich unabhängig seine Entscheidung als Kontrollgremium treffen?
Bezeichnend finde ich es auch, dass ich in dem gesamten Zusammenhang nie befragt wurde. Weder vom WDR, also der Redaktion bis hin zur Chefredakteurin oder der Intendanz, noch von irgendeinem Vertreter des Rundfunkrates. Dabei läge das eigentlich nahe, zumal es sich bei diesem Projekt um meine Recherchen und Expertise gehandelt hat und darüber hinaus ausschließlich ich den Kontakt zu den unterschiedlichsten Gruppen und Protagonisten über mehr als zwei Jahre gepflegt hatte. Nun gut, zumindest wurde auch ich durch diese Entscheidung vom Vorwurf einer Zuschauertäuschung entlastet. Allerdings nicht unbedingt in den Augen derer, auf die es mir in meiner eigenen Arbeit als investigativer Journalist für eine Vielzahl von unterschiedlichen Medien ankommt.
Aber: dieser konkrete Vorgang in all seinen Facetten macht für mich schmerzhaft deutlich, wie eine eigentlich öffentlich-rechtliche und zur Transparenz verpflichtete Rundfunkanstalt sich mittels ihrer Gremien eine eigene, für sie vorteilhafte Realität erschafft und dabei sogar vor der Verdrehung von Fakten und Tatsachen nicht zurückschreckt. Dies erlebe ich derzeit auch in meinem eigenen Verfahren, in dem ich mich gegen falsche und meine Person diskreditierende Behauptungen des WDR juristisch zur Wehr setze, wohl aber kaum mit irgendeiner Aussicht auf Erfolg.
Im Wesentlichen überzeugte den Rundfunkrat bei der Ablehnung der Programmbeschwerde anscheinend der Vortrag des WDR Justiziariates, dass für das Verhältnis zwischen dem Westgate Research Team (vertreten durch Rechtsanwalt Cannon), dem WDR (vertreten durch Sonia Mikich) und mir ein Vertrag ursächlich sei, der zwischen den Parteien bereits im Juni 2013 geschlossen wurde. Dabei verkennt der Rundfunkrat aber das Wesen dieser schriftlichen Vereinbarung, die nunmehr durch das Justiziariat von einem „Letter of Understanding/Agreement“ (Vorvertrag/Übereinkommen) zu einem „Vertrag“ erhoben wurde. Vielmehr ging es hier um die Festlegung von Modalitäten unter denen es mir und darüber hinaus dem WDR, als Verwerter meiner journalistischen Arbeit in diesem Fall „exklusiv“ gestattet war, die filmische Begleitung der Untersuchungen und deren Ergebnisse für die Berichterstattung eines von mir erstellten Beitrages überhaupt zu nutzen. Hiergegen, so Cannon, hatte der WDR mit der Ausstrahlung am 7.7.2014 in der ARD verstoßen. – Doch dies war nicht der einzige Punkt der Programmbeschwerde des Rechtsanwaltes Cannon.
Im Weiteren ging es um eine Reihe falscher Tatsachenbehauptungen in der angegriffenen Fassung des Filmbeitrages vom 7.7.2014. Doch mit diesen Punkten hat sich der Rundfunkrat überhaupt nicht weiter beschäftigt, obwohl genau das seine originäre Aufgabe gewesen wäre. Dabei wurde durch Rechtsanwalt Cannon ziemlich umfassend belegt, dass in dem Beitrag sowohl über den verstorbenen Piloten Richard Westgate, als auch über die Ergebnisse der im Verlaufe der Filmarbeiten vom WDR und mir durchgeführten Wisch-, Luft- und Blutproben in der Sendefassung mehrere falsche Tatsachenbehauptungen durch den WDR aufgestellt wurden, die einer kritischen Betrachtung und Überprüfung nicht standhalten.
Abschließend und hier verwundert die mit der Ablehnung konstatierte Haltung des Kontrollgremiums des WDR umso mehr, ging es um den Vorwurf des Vertrauensmissbrauchs gegenüber dem Westgate Recherche Team und letztlich auch dem Zuschauer. Dies durch den Umstand, dass ein festangestellter Wirtschaftsredakteur des WDR, als Autor einer angeblich Industrie-kritischen Dokumentation über Missstände in einem Industriebereich, gleichzeitig ein von der Industrie gesponsertes privates Zusatzstudium an einer wiederum von der Industrie getragenen rein privaten Hochschule absolviert hat. Der gleiche Redakteur, dem durch das Einschneiden einer so nie gestellten und folglich so hier auch gar nicht beantworteten Zwischenfrage, in einem Interview mit einem wissenschaftlichen Experten, eine nicht nur in meinen Augen gravierende und unzulässige journalistische Manipulation vorgeworfen wird.
Ich habe dazu meine ganz eigene Meinung, darf diese aber hier nicht ohne Weiteres Risiko für mich äußern, da mir für diesen Fall durch den besagten Wirtschaftsredakteur des WDR juristische und strafrechtliche Konsequenzen angedroht wurden. Soviel zum WDR, seinem Selbstverständnis, seiner Loyalität gegenüber langjährigen freien Mitarbeitern, journalistischer Ethik und Moral, Transparenz nach Innen und Außen und dem in meinen Augen wichtigsten journalistischen Gut: der Wahrheitsfindung.
Berlin, den 26.4.2015
Tim van Beveren
Die gesamte Korrespondenz des Rechtsanwalts Frank Cannon mit dem WDR, einschließlich der Programmbeschwerde habe ich bei diesem Blog gefunden:
Programmbeschwerde Rechtsanwalt Cannon